28 März 2007

"keine Angst, Mama!"...

... auch hier in Südamerika geht es mir gut. Vor nunmehr rund zehn Tagen habe ich Chiles Hauptstadt Santiago den Rücken gekehrt und mich in Richtung Süden aufgemacht. Schließlich stand ich unter Zeitdruck. Denn eigentlich hätte ich am 2. April in Puerto Montt sein müssen, um das im vorletzten Beitrag bereits angesprochene Ticket für Navimag Magellanes wahrzunehmen und mir damit einen Kindheitstraum zu erfüllen. Die Google-Enthusiasten unter den Lesern werden es bereits herausgefunden haben: Hierbei handelt es sich um eine viertägige Bootsfahrt, die von Purto Montt entlang der chilenischen Pazifikküste und durch die zerklüfteten Fjorde Patagoniens bis nach Puerto Natales geht (siehe Karte). Angeblich hat man von Bord aus bei gutem Wetter unvergessliche Ausblicke auf die malerische Landschaft und außerdem hört sich die Fahrt durch die menschenleeren Küstenregionen nach einem Abenteuer an. Denn die Puerto Eden ist trotz ihres verheißungsvollen Namens nicht etwa Kreuzfahrtschiff, sondern vielmehr ein Frachtboot, das Güter in die schwer erreichbaren Gebiete Patagoniens befördert. Nebenbei verdienen sich die Betreiber ein Zubrot, in dem sie zahlungsbereite Touristen in den engen Kabinen an Bord unterbringen. Aber "keine Angst, Mama!", das ganze ist durchaus seriös und wird sogar im Lonely Planet-Reiseführer erwähnt - wenngleich unter dem zweifelhaften Titel The Good, the Bad and the Ugly. Doch aufmerksame Leser werden bereits weiter oben über das kleine, verhängnisvolle Wörtchen "eigentlich" gestolpert sein. Denn leider muss sich mein Kindheitstraum noch ein wenig gedulden. Die gute Puerto Eden befindet sich momentan nämlich in Reparatur, so dass ich die Abreise kurzerhand auf den 9. April verschieben musste.

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Leider gerade in Reparatur: Fähre nach Patagonien

Doch glaubt mir: Es gibt durchaus schlimmere Orte, um festzusitzen, als den wunderschönen Lake District. Dieses argentinisch-chilenische Gebiet rund 1.000 Kilometer südlich von Santiago hat mit seinen blauen Seen, zahllosen Nationalparks und den mächtigen Gipfeln der Anden schon Ernesto "Che" Guevara begeistert, der die Gegend einst mit seinem legendären Motorrad erkundete. Nehmt alleine meine letzte Woche. Nahe dem kleinen Touristenörtchen Pucon bin ich im Rahmen einer Tour auf den Vulkan Villarica (2.800 Meter) geklettert, habe einen Blick in den immer noch aktiven Krater geworfen und bin im Schnee auf meinem Hintern zurück ins Tal geschlittert. Mit Valdivia habe ich danach eine der schönsten Städte Chiles besichtigt und dabei einen lohnenswerten Abstecher in der Brauerei Kunstmann* gemacht, wo Bier von fast heimischer Qualität serviert wird. Und nicht zuletzt ging es zu Tagesausflügen in die landschaftlich atemberaubenden Nationalparks Conguillio, Huerquehue und Altos de Lircay.

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In voller Bergsteiger-Montur auf dem aktiven Vulkan Villarica

Das Reserva Altos de Lircay habe ich übrigens in der Begleitung von Eliane durchwandert, einer 29-jährigen Französin aus Paris, die gerade von ihrem Freund verlassen wurde, der sich in seinem Alter noch nicht reif für eine derart feste Beziehung fühlte. Woher ich das alles weiß? Nun, auf unserer siebenstündigen Tour hat die gute Eliane sich ausgiebig über ihr derzeit so aufgewühltes Liebesleben unterhalten. Ich gebe zu, das hört sich fast noch anstrengender an, als die kräftezehrende Wanderung auf das Balsaltplateau El Enladrillado, doch angesichts ihrer freundlichen und äußerst sympathischen Art, war das ganze durchaus sehr unterhaltsam. Fast hat mir Eliane ein wenig Leid getan, denn nichts wünscht sie sich sehnlicher als einen Ehemann, um endlich mit dem Kinderkriegen beginnen zu können. Doch "keine Angst, Mama!", wir haben uns nur unterhalten, auch wenn Eliane mich am Ende unserer Wanderung plötzlich laut schreiend ansprang. Doch der Grund hierfür war nicht etwa eine aufschäumende Gefühlswallung, sondern vielmehr der Schreck ob einer haarigen, hässlichen Kreatur vor der sich meisten Frauen fürchten. Nein, die Rede ist nicht von mir, sondern...

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... von jener, handtellergroßen Spinne, die seelenruhig vor unseren Augen den Wanderpfad überquerte. Doch "keine Angst, Mama!" das Foto habe ich aus sicherer Distanz geschossen, während sich Eliane hinter meinem Rücken in einer Serie von merde und putain erging.
Ansonsten werde ich mich morgen zum ersten Mal über die Grenze nach Argentinien wagen, um in meiner durch die Reparaturarbeiten gewonnenen Woche auch diese Seite des Lake Districts zu erkunden. Mit Bariloche steht dabei übrigens nicht nur das operative Touristenzentrum des Gebiets, sondern auch die selbst ernannte Schokoladen-Hauptstadt Argentiniens auf meinem Reiseplan. Doch nach so vielen ausgiebigen Trekking-Touren wird es dafür höchste Zeit. Ein letztes Mal also: "keine Angst, Mama!" - auch in Südamerika werde ich nicht vom Fleisch fallen.

Auf flickr findet ihre einige Fotos von meinen ersten beiden Wochen in Chile.


*Kunstmann? Das hört sich doch ziemlich Deutsch an? Richtig, hier im Lake District findet man noch jede Menge kulturelle Überbleibsel jener deutschen Einwanderer, die im 19. Jahrhundert und Mitte des 20. Jahrhunderts von der chilenischen Regierung angeworben und in dem Gebiet sesshaft wurden. Das Hotel am See, eine Straße namens Clementine Holzapfel oder Architektur wie in einem bayerischen Alpendorf - fast täglich werde ich hier an Zuhause erinnert.

23 März 2007

Im Bus um die halbe Welt

Der Garchinger Journalist Patrik Stäbler hat im Sommer sein Studium beendet. Nun erfüllt sich der 27-Jährige einen Traum: In sieben Monaten reist er einmal um die Welt. An dieser Stelle berichtet er alle zwei Wochen von seinen Erlebnissen.

Auckland, Neuseeland (ps) - Reiseerzählungen waren Zuhause meine liebsten Bücher. Peter Moore, Bill Bryson, Bruce Chatwin - unzählige Titel habe ich verschlungen und die Autoren um ihre Erlebnisse beneidet. Tag für Tag trafen sie faszinierende Menschen und an jeder Ecke schien eine Geschichte zu warten. "So wird es mir auch gehen", dachte ich vor dem Abflug und träumte von einem siebenmonatigen Abenteuer ohne Verschnaufpause. Heute weiß ich: Reiseberichte zeigen nur die halbe Wahrheit. Sicher, auch ich habe unvergessliche Orte gesehen und interessante Menschen kennen gelernt. Doch einen essentiellen Teil des Globetrotterlebens verschweigen die Bücher. Die Rede ist von jenen unsagbar langen Stunden zwischen den Reisezielen. Oder haben Sie schon einmal Berichte über das Warten am Flughafen, übervolle Züge oder quälende Busfahrten gelesen?
Mit Letzterem könnte ich mittlerweile ganze Seiten füllen. In viereinhalb Monaten Asien und Ozeanien habe ich 16.000 Kilometer im Bus zurückgelegt. Zum Vergleich: Das entspricht dem Flug von München nach Sydney. Oder umgerechnet: 115 Kilometer pro Tag. Und nur selten hatten meine Busse die aus München gewohnte MVV-Qualität. Ich denke da etwa an die achtstündige Fahrt im Minibus durch Vietnam. Unser Fahrer hatte wohl gerade Radio und Klimaanlage entdeckt, so dass asiatische Popschnulzen in meinen Ohren dröhnten, während ich in T-Shirt und Flipflops bibberte. "Schlimmer geht es nicht", dachte ich. Da öffnete sich die Tür und eine Familie mit zwei Kindern quetschte sich zu uns auf die bereits voll besetzte Rückbank. Kommentarlos platzierte der Vater ein sabberndes Kind auf meinem linken und eine ominöse Plastiktüte auf dem rechten Oberschenkel. Kurz darauf spürte ich etwas Lebendiges unter dem Plastik, gefolgt von leisem Gejaule. Bis heute weiß ich nicht, welches arme Tier dort in der Tüte stundenlang vor sich hinjammerte. Aber glauben Sie mir: Der Moment, in dem der Bus vor dem Hotel stoppte, gehört neben Andi Brehmes Elfmeter 1990 gegen Argentinien zu den fröhlichsten Augenblicken in meinem jungen Leben.

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Der Easyrider-Backpackerbus an der Westküste Australiens

Doch all das ist Vergangenheit. Morgen fliege ich nach Südamerika. Dort wollte ich mein Bustrauma endlich hinter mir lassen. Im Geiste sah ich mich auf der Ladefläche eines Jeeps im Regenwald, im wackligen Boot auf dem Amazonas und auf einem Pferd in den Anden. Heute habe ich das erste Mal im Reiseführer geblättert. Unter dem Stichwort Transport steht dort: Für lange Distanzen in Südamerika empfiehlt sich der Bus.

In: Münchner Merkur, 24./25. März

19 März 2007

Schwere Beine in Santiago

Ich weiß nicht, wer von euch ab und zu mal in den Kommentaren zu den Enträgen schmökert, doch in meinem letzten kurzen Beitrag habe ich die Besteigung des Cerro Campana nahe Santiago mit folgenden Worten bedacht: "Die eigentliche Schwierigkeit dürfte erst nach dem Abstieg anstehen: Wieder heil zurück nach Santiago kommen." An jenen Satz musste ich denken, als ich heute Nachmittag die letzten Schritte in Richtung Gipfel tat. Eigentlich war mir nach einem zynischen Lächeln zumute, doch da ich vollends mit keuchen, japsen und bewusst einen Fuß vor den anderen setzten beschäftigt war, blieb es leider bei einer speichelumrandeten Fratze a la Skilangläufer. Aus dem Reiseführer weiß ich: Sieben Kilometer von 350 auf 1850 Meter bei einer durchschnittlichen Steigung von 20 Prozent. Leider konnte ich mir darunter nicht viel vorstellen. Wo ist mein Bruder Dirk, wenn man ihn braucht? Er hätte mir sicher eine Formel erklärt, mit der man den Höhenunterschied, meinen Schweiß in Litern und die verbrauchten Kalorien berechnen kann. Und auf meinen naiv-fragenden Blick hätte er hinzugefügt: "Für mich wäre das kein Problem, aber du wirst halbtot auf dem Berg ankommen." Und zumindest mit Letzterem hatte er Recht. Was habe ich nur in den letzten viereinhalb Monaten getrieben, dass meine einst doch passable Kondition derart gelitten hat?

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Blick vom Gipfel des Cerro Campana

Doch wie dem auch sei - nachdem die schwarze Wand vor meinen Augen gewichen war, entschädigte der fantastische Ausblick vom Campana für so einiges. Auf der einen Seite präsentierten sich die mächtigen Anden mit Südamerikas höchstem Berg, dem Aconcagua (6.962 Meter) im Zentrum. Auf der anderen Seiten lag ein strahlend weißer Teppich von Wolken unter mir und am Horizont konnte man den Pazifischen Ozean erspähen. Irgendwo war das Ganze dann doch die sechs Stunden lange Tortur wert. Ach ja: Die Sache mit dem Hin- und Zurückkommen lief übrigens absolut problemlos.
Ansonsten gefällt mir Chile bisher außerordentlich gut - sogar die von anderen Backpackern so geschmähte Stadt Santiago finde ich durchaus besuchenswert. Alte Gebäude, wunderschöne Kirchen, unzählige Restaurants und Bars, Fußgängerzonen und jede Menge nette Leute: Hier könnte ich es durchaus noch etwas länger aushalten.

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Plaza de Armas im Herzen Santiagos

Doch bereits morgen heißt es für mich weiterziehen nach Talca, wo - sofern der jetzt schon sich abzeichnende Muskelkater nicht zu krass ausfällt - erneut Tageswanderungen in zwei Nationalparks anstehen. Denn seit gestern stehe ich unter dem Zeitdruck, bis zum 2. April in Puerto Montt zu sein. Für diesen Tag habe ich mir nämlich ein Ticket gekauft, das einen lang gehegten Kindheitstraum erfüllen soll. Was das ist, wird an dieser Stelle noch nicht verraten. Nur ein Stichwort als kleinen Hinweis kann ich mir nicht verkneifen: Navimag Magellanes.

16 März 2007

Freizeit über den Wolken

Den folgenden Blog-Eintrag möchte ich mit einer Warnung an alle Lesefaulen und Zeitknappen beginnen: Meine Geschichte kann diesmal länger dauern. Denn ich habe Zeit. Viel Zeit. Ich sitze am Flughafen in Auckland und warte darauf, dass die im blauen Kostüm gekleidete Dame vom Bodenpersonal die Nummer meines Fliegers aufruft. Sie dürfte um die 45 Jahre alt sein - selbst ihre durchtrainierten Beine und das großzügig im Gesicht verteilte Makeup können das nicht verstecken. Vor 20 Jahren war sie bestimmt ausgesprochen hübsch. Doch eigentlich spielt das für meine Geschichte keine Rolle. Genauso wenig wie ihr Alter. Ich erzähle es trotzdem. Denn ich habe Zeit. Viel Zeit.
Mein Flieger startet um 17.25 Uhr und wenn alles nach Plan läuft, dann lande ich in Santiago de Chile um 11.45 Uhr des gleichen Tages. Ja, das ist richtig: Nicht am nächsten, sondern am gleichen Tag. Nach meinem Ermessen ist das eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit: Eine Reise in die Vergangenheit, wie sie normalerweise nur Filmhelden wie Doc & Marty vorbehalten ist. Doch es stimmt: Nach meinem elfstündigen Flug darf ich in Chile meine Uhr fast eine volle Umdrehung zurückstellen. Obwohl ich im Flieger Film schauen, lesen, essen und mich von nervigen Sitznachbarn langweilen lassen werde, gewinne ich einen ganzen Tag. Und das Beste daran: Er ist ganz umsonst. Zugegeben, jeder Uhrzeitexperte würde bei dieser Beschreibung entrüstet den Kopf schütteln und etwas von Datumsgrenze und Zeitzonen murmeln, doch von derartigen wissenschaftlichen Erklärungen will ich gar nichts hören. Ich genieße vielmehr meinen Gratis-Tag und die kostenlose Zeit. Viel Zeit.
Eigentlich könnte ich das nutzen, um von meinen letzten zehn Tagen in Neuseeland zu berichten. Doch wenn ich auf die vorangegangen Einträge blicke, dann würde es sich dabei wohl lediglich um eine Wiederholung von bereits Gesagtem handeln. Denn auch auf meiner Tour durch den südlichsten Teil des Landes war die Natur atemberaubend und abwechslungsreich, die anderen Insassen im Stray-Bus weitgehend nett und interessant, und somit nicht nur die Tage, sondern auch die Abende in den zumeist abgeschiedenen Hostels immer unterhaltsam. Nach einem Monat Neuseeland - wie zuvor in Südostasien und Australien möchte ich hier ein lautes "viel zu kurz!" einwerfen - ist mein Fazit überwältigend positiv.

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Lake Tekapo mit Neuseelands mächtigen Südalpen im Hintergrund

Doch hätte ich nicht die kostenlose Zeit - so viel Zeit - dann würde es sich eigentlich nicht lohnen, zurückzublicken. Schließlich habe ich mittlerweile all die neu gewonnenen Freunde zurückgelassen und auch Neuseeland werde ich in wenigen Augenblicken nurmehr aus dem Bordfenster bestaunen können. Ich bin wieder allein, ein wahrer Globetrotter und auf dem Weg in einen neuen Kontinent: Südamerika.

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Wasserfall in Neuseelands bekanntestem Fjord: Milford Sounds

Es ist der letzte Stopp auf meiner Weltreise und schon vor der Ankunft in Chile stand ich vor der Qual der Wahl: Welche Richtung soll ich von Santiago aus einschlagen? Nach Norden durch die Wüsten Chiles und eventuell bis nach Peru und Bolivien? Oder nach Osten durch Argentiniens Hinterland und in die klangvolle Millionen-Metropole Buenos Aires? Von dort weiter nach Brasilien? Paraguay? Gar Kolumbien? Das Problem: Südamerika ist ein riesiger Kontinent und ich habe so viel... äh, nein, natürlich so wenig Zeit. Nach mehreren Stunden mit dem Reiseführer habe ich mich nunmehr für den Weg nach Süden entschieden. Angefangen mit der von Landwirtschaft geprägten Mitte Chiles will ich mich durch das Wanderparadies des Lake District bis hinunter ins einsame Patagonien durchschlagen. Spielt das Wetter mit, wartet dort mit dem Torres del Paine einer der spektakulärsten Nationalparks Südamerikas, ehe es danach bis an die südlichste Spitze des Kontinents nach Feuerland geht. Von dort werde ich mich gezwungenermaßen (Preise für eine Bootstour in die Antarktis sprengen leider mein Backpacker-Budget) nach Norden aufmachen - durch Argentinien und irgendwann schließlich nach Buenos Aires, von wo aus am 1. Juni mein Flieger in Richtung Heimat startet. So weit der Plan.

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Ein 4.300 km langes Land der Extreme: Chile

Macht es überhaupt Sinn, an dieser Stelle noch weiter zu schreiben? Denn wer von euch hat es denn tatsächlich bis hierhin durchgehalten? Wohl nur die ganz Lesewütigen: Wahrscheinlich Mama und vielleicht noch Manu - wenn im Büro gerade keiner schaut? Doch auch wenn diese Zeilen ungelesen bleiben, ist das eigentlich egal. Denn ich habe ja Zeit. Viel Zeit. Die alternde, blau gekleidete Dame hat meinen Flug immer noch nicht aufgerufen. Dafür blickt sie seit geraumer Zeit böse in meine Richtung. Ihr hat es wohl nicht gefallen, dass ich sie minutenlang angestarrt habe. Wahrscheinlich hält sie mich für einen Verrückten. Einen Perversen. Oder beides. Dabei hatte ich doch einfach nur Zeit. Viel Zeit.
Die fleißigen Leser will ich hier noch kurz mit einigen Fakten zu "Die Welt ist ein Dorf" belohnen. So habe ich auf meiner Reise bisher etliche Münchner getroffen, wobei eine Dame in Vietnam gar bei der Konkurrenz von FHM gearbeitet hat, so dass wir schnell auf gemeinsame Bekannte kamen. In Neuseeland habe ich - Achtung Papa! - Olivia, ein Mädchen aus dem schönen Abingdon getroffen, jenem Ort in England, den die Familie Stäbler von 1984 bis 1986 Heimat nannte. Und zu guter letzt habe ich auf meinen Reisen auch eine Wayne State-Studentin (meine Uni in USA), ein Ehepaar aus Detroit und Simon aus Horsforth in Leeds, der Heimat meines guten Freundes Dave aus England, getroffen. Und mit Steffen und Anja in Bangkok fange ich besser gar nicht erst an, denn mittlerweile hat sich die Dame in Blau hinter das Mikrofon gewagt - nach einem letzten tödlichen Blick in meine Richtung. Nun geht es also los: Südamerika, ich komme! Heute vor sechs Stunden werde ich in Santiago landen.

Trotz der Zeit - viel Zeit - habe ich kaum von meiner letzten Woche in Neuseeland berichtet. Aus diesem Grund stelle ich wieder einmal ein paar Fotos online. Sie sprechen ohnehin für sich.

09 März 2007

Alleine um in die Welt

Auch wenn es auf den ersten Blick etwas unsinnig erscheinen mag, da ich auf meiner aktuellen Tour durch die Südinsel Neuseelands von jeder Menge netten Leuten umgeben bin, so beschäftigt sich der Merkur-Artikel von diesem Wochenende (10./11. März) mit dem Thema Alleinreisen.

Der Garchinger Journalist Patrik Stäbler hat im Sommer sein Studium beendet. Nun erfüllt sich der 27-Jährige einen Traum: In sieben Monaten reist er einmal um die Welt. An dieser Stelle berichtet er alle zwei Wochen von seinen Erlebnissen.

Te Anau, Neuseeland (ps) - In den Wochen vor dem Abflug habe ich mit zahllosen Bekannten über meine Reisepläne gesprochen. Die Reaktion war meist einheitlich: Ein erstauntes Gesicht, große Augen und ein Blick zwischen geteilter Freude und Neid. Die Begeisterung dauerte jedoch nur bis zu jener unausweichlichen Frage: "Und wer reist mir dir um die Welt?" Denn kaum hatte ich schuldbewusst "alleine" gemurmelt, da änderte sich der Gesichtsaudruck des Gegenübers von freudig-neidisch zu entsetzt. "Allein? Das könnte ich nie machen", erklärten die meisten Gesprächspartner noch diplomatisch, doch ihrem Blick nach zu urteilen, hatte ich soeben gestanden, dass ich in meiner Freizeit unschuldige Tiere quäle. Alleine reisen - für viele Menschen ist das gleichbedeutend mit Langeweile, keine Freunde und Ungeselligkeit.
Mittlerweile bin ich seit vier Monaten unterwegs und auch wenn ich am Anfang Zweifel hatte, so kann ich mir nun keine bessere Art des Reisens vorstellen. Ich allein entscheide was ich mache, wohin ich gehe und mit welchen Leuten ich mich umgebe - ohne Kompromisse und ohne Rücksicht auf Andere. Zudem ist man als Alleinreisender offener gegenüber Anderen, so dass ich nahezu täglich neue, interessante Menschen kennen lerne. Schon jetzt habe ich genug E-Mail-Adressen, um bei der nächsten Weltreise nicht einmal im Hotel schlafen zu müssen. Und nicht zuletzt ist die Zeit als einsamer Globetrotter auch lehrreich. So habe ich in den letzten Monaten gelernt, wie man einen Knopf annäht, eine Hoteltoilette repariert und ein nahrhaftes Abendessen für unter drei Euro kocht.

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Alleinreisende sind selten einsam - hier in Vietnam

Mit diesen Argumenten wollte ich auch Martin überzeugen, mit dem ich mich vor einigen Tagen über das gleiche Thema unterhalten habe. Martin ist 26, kommt aus Dänemark und reist mit seiner Verlobten Helle. Es war schon spät und wir saßen zusammen auf der Terrasse bei einem Bier. "Ist es nicht schrecklich langweilig alleine?", fragte Martin vorwurfsvoll. Doch gerade als ich zu einer Antwort ansetzen wollte, kam Helle an den Tisch. Sie sei müde und wolle nun ins Bett, erklärte sie in Richtung Martin - und ihr Blick ließ keinen Zweifel offen, dass er sie begleiten sollte. Pflichtbewusst leerte Martin sein Glas, unterdrückte einen Seufzer und verabschiedete sich, während ich mir eine neue Flasche aus dem Kühlschrank angelte. Von der Tür aus warf er einen letzten, neidischen Blick auf mich und mein Bier. Ich glaube, in diesem Moment hat Martin die Vorteile des Alleinreisens verstanden.

06 März 2007

Im Süden ists halt doch am schönsten...

Nun gehöre ich also auch zu jener Gruppe Backpacker, denen ich auf meiner Reise bisher so häufig begegnet bin. "Neuseeland war das Highlight meiner Reise" ist ihr Schlachtruf, meist gefolgt von einem "Die Nordinsel war schon super, aber der Süden ist einfach nur atemberaubend schön". Naja, was soll ich sagen? Sie haben recht. Neuseeland ist landschaftlich gesehen wirklich beeindruckend - alle fünf Minuten will man seine Kamera hervorholen, um die Naturschauspiele in einem Foto zu bannen.

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Ausblick vom Coastal Track im Abel Tasman Park

Zudem ist Neuseeland trotz der vergleichsweisen geringen Größe unglaublich abwechslungsreich: Alleine in den letzten beiden Wochen auf der Südinsel bin ich durch den Regenwald im Abel Tasman Nationalpark gewandert, habe an traumhaft goldenen Sandstränden geplanscht, die beeindruckenden Felsformationen an der Westküste bewundert, bin auf den Eismassen des Franz Josef-Gletschers geklettert und im Schatten der über 3.500 Meter hohen Gipfel der Südlichen Alpen spaziert. Ganz ehrlich, Urlaub in Neuseeland erinnert ein wenig an die Fotostrecken aus National Geographic, nur dass in diesem Fall die Bilder ganz ohne Photoshop auskommen.
Und als wäre das noch nicht genug habe ich in den Stray-Bussen (wie in Australien mit Jump-On/Off-Option) jede Menge interessante, nette Leute kennengelernt mit denen tagsüber je nach Aufenthaltsort gewandert, geklettert, geschwommen, besichtigt oder einfach nur abgeflackt und abends gekocht, gegessen, gefeiert und getrunken wurde. Was diese Salve von Partizipen sagen soll: Auch abseits der Attraktionen war es durchweg lustig und nie langweilig.

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Eismassen am Franz Josef-Gletscher

Mittlerweile habe ich es nach Queenstown geschafft, von wo aus es nach zwei Tagen Ruhepause morgen weiter zur Erkundung des Südens der Insel geht. Leider bleibt mir dafür nur noch etwas mehr als eine Woche, denn bereits am 13. März fliege ich von Christchurch zurück auf die Nordinsel nach Auckland. Dort habe ich dann noch drei Tage, um mich auf den nächsten Kontinent - und gleichzeitig leider auch den letzten Stopp meiner Weltreise - vorzubereiten: Südamerika.

Hier findet ihr mehr Fotos von der wunderschönen Südinsel Neuseelands.

02 März 2007

Nur ganz kurz...

Ich hätte es ja nicht für möglich gehalten, doch es ist tatsächlich wahr: Die menschenleere Südinsel Neuseelands ist landschaftlich gesehen sogar noch beeindruckender als ihre Schwester im Norden. Wunderschöne Nationalparks mit Regenwald, goldenen Stränden und türkis-klarem Wasser, traumhafte Küstenabschnitte und der so heimatlich klingende Franz Josef-Gletscher mit seinen gewaltigen Eisbergen - in meinen sieben Tagen hier bin ich aus dem Staunen gar nicht mehr hinaus gekommen. Zudem habe ich in meinen Bussen jede Menge nette Leute kennengelernt, so dass auch die Abende in den einsamen Pubs der winzigen Städtchen zumeist äußerst unterhaltsam sind.
Von all dem werde in ein paar Tagen ausführlicher berichten, wenn ich mir eine kurze Verschnaufpause in der Vergnügungsmetropole Queenstown gönne. Und weil manche Eindrücke einfach nicht so leicht zu beschreiben sind, gibt es wie immer auch ein paar Fotos. Doch jetzt muss ich weg und mich für das heutige Abendprogramm "vorbereiten". Auf dem Programm: Karaoke...