26 April 2007

Ein einschneidendes Erlebnis

So konnte es nicht weiter gehen. Beim Blick in den Spiegel schaute ich auf eine Mischung aus Albert Einstein und Carlos Valderrama - leider weder hinsichtlich Intelligenz noch Fußballgenie, sondern in Bezug auf die Frisur. Kamen mir auf der Straße junge, argentinische Mütter entgegen, zogen sie instinktiv ihre Kleinen näher zu sich, aus Angst vor dem großen, blonden Deutschen mit dem Vogelnest auf dem Kopf. Kurzum, ein Haarschnitt war dringend nötig. Das Problem: Ich bin in Südamerika und meine Spanischkenntnisse sind immer noch dem Englisch von Lothar Matthäus ebenbürtig.
Nichtsdestotrotz packte mich heute der Wagemut und ich entschloss mich kurzerhand zu einem Friseurbesuch. Der erste Versuch endete jedoch kläglich. Denn während ich die Straße hinunterlief und gedankenverloren in meinem Wörterbuch Vokabeln wie "kürzer", "länger" und "Aua, das war mein Ohr" nachschlug, spürte ich plötzlich etwas Feuchtes an meinen Füßen. Nach genaueren Hinsehen wusste ich nicht, ob ich lachen oder schreien sollte. Ganz wie im besten Comicheft war ich vorbei an einer Absperrung und mitten in frischen Zement gestapft.
Doch so leicht wollte ich nicht aufgeben und so stand ich 30 Minuten später in Flipflops - meine Schuhe hatte ich nach einer langwierigen Waschaktion zum Trocknen aufgestellt - im Friseursalon von El Calafate. Dort begrüßte mich eine Dame mittleren Alters mit einem freundlichen "wie kann ich ihnen helfen?" - selbstverständlich in Spanisch. Unwillkürlich drehte ich mich um, denn ihren Augen nach zu urteilen, sprach die Frau mit einer Person links hinter mir. Ich konnte jedoch niemanden entdecken und erst ein zweiter Blick auf die Dame machte mir den Sachverhalt klar: Die nette Frau schielt und das in einer Art wie ich es bisher erst einmal gesehen habe - bei Herrn Klima, unserem Geschichtslehrer in der achten Klasse. Ich erinnere mich noch, als er mit seiner dickem Hornbrille am ersten Schultag das Zimmer betrat und wie wir - Kinder können so grausam sein - uns ob seiner schielenden Augen kichernd in den Bänken wanden.
Diesmal war mir jedoch verständlicherweise nicht zum Lachen zumute, doch ich beruhigte mich bald. "Sie kann unmöglich die Friseuse sein", sagte ich mir und nahm entschlossen auf dem angebotenen Stuhl Platz. Ihr ahnt es bereits: Die Dame war natürlich die einzige Friseuse in dem Laden. Als sie freundlich grinsend die Schere zur Hand nahm, schloss ich meine Augen und betete - ungelogen. Fünfzehn Minuten später öffnete ich sie wieder - auf ein "bueno, finito" der schielenden Dame - und was soll ich sagen? Beide Ohren waren noch an ihrem Platz und beim Blick in den Spiegel war ich nicht weniger enttäuscht als gewöhnlich, wenn ich in Deutschland zum Friseur gehe. Trotzdem unterlasse ich es selbstverständlich, hier ein Foto des letzten Werks von Señora Klima zu präsentieren. Denn nicht ohne Grund habe ich mir den Haarschnitt mit einem Monat Sicherheitsabstand bis zu meiner Rückkehr nach München verpassen lassen. Und spätestens bis dahin sollte dann doch Gras... äh Haare über die Sache gewachsen sein.

4 Comments:

At 7:20 PM, Anonymous Anonym said...

Nachdem keiner mehr Kommentare schreibt ( Dozy was´n los) poste ich halt mal rein, damit du weißt, dass du immer noch fleisige Leser hast.
Ich bin jetzt schon des öfteren angesprochen worden, ob der "Globetrotter" vom Münchner Merkur mein Bruder ist. Du siehst es gibt schon noch ein paar Leute die deine Storys verfolgen. Außerdem vergeht praktisch keine Woche in der ich nicht mindestens einmal gefragt werde wies dem den Patrik geht. Ich verweis sie natürlich alle auf abflacken.de :)
Also schreib weiter fleisig, halt die Ohren steif und komm dann auch irgendwann mal heim.

 
At 1:07 AM, Anonymous Anonym said...

Hey hey hey,

natürlich lesen wir alle noch. Jedoch müssen wir für unser Geld arbeiten um irgendwann vielleicht mal dahin zu kommen wo der alte Globetrotter die ganze Zeit ist. Ich habe nicht mal Zeit um zum Friseur zu gehen!!!!!!!

Nee nee nee, immernoch fleißig am lesen und glücklich das es dir gut geht. Freu mich trotz all dem Lesestoff auf eine Rückkehr.

Let it rock

Stan the man

 
At 9:17 PM, Anonymous Anonym said...

Patrik, einfach nur ein geiler Text.

Auf bald
Ali

 
At 10:40 PM, Anonymous Anonym said...

Hi Patrik

wenn du willst kannst du meinen Traumjob haben und ich reise für dich um die Welt!
Dann lass ich mir auch von Senora Klima den Schädel kahlscheren wenn's sein muss.

Also wie ich das sehe bist du wohl eher nicht beim Abi Treffen heute dabei....

Lass es dir gutgehen auf deiner Kaffeefahrt! :-)

ViWi

 

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